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Dienstag, 24. August 2010

Viren stiften Verwirrung

 

Bethesda/Maryland – Forscher der US-amerikanischen Arzneibehörde FDA haben im Blut von Patienten mit chronischem Erschöpfungssyndrom (CFS) Virusgene entdeckt. Der Bericht in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2010; doi: 10.1073/pnas.1006901107) bildet den vorläufigen Endpunkt in einer Reihe von verwirrenden Publikationen.

Das CFS ist gekennzeichnet durch eine lähmende geistige und körperliche Erschöpfung oder Erschöpfbarkeit, zu der sich häufig andere unspezifische zentralnervöse Symptome gesellen. Ein wichtiges Merkmal ist der plötzliche Erkrankungsbeginn, der Forscher auch in der Vergangenheit eine infektiöse Ätiologie vermuten ließ.
Die üblichen Verdächtigen wie Herpesvirus-6, Epstein–Barr Virus, Enteroviren, Parvovirus B19 und die bakteriellen Erreger von Lyme-Erkrankung und Q-Fieber wurden hin und wieder nachgewiesen, aber niemals in einer Häufigkeit, die eine bedeutende Rolle nahelegt.
Dies änderte sich im Oktober letzten Jahres, als Judy Mikovits vom Whittemore Peterson Institute in Reno im US-Bundesstaat Nevada bei 67 Prozent der Erkrankten Spuren eines Xenotropic murine leukaemia virus (XMRV) im Blut fand. Das Virus löst bei Mäusen Leukämien und Lymphome aus. Es war zwischenzeitig auch in Prostatakarzinomzellen gefunden worden, was aber später widerlegt werden konnte.

Die Publikation in Science (2009 326: 585) sorgte in der Fachwelt für Aufsehen, da es immerhin möglich war, dass ein bisher unerkanntes Virus über Blutprodukte übertragen wird und bei einer unbekannten Zahl von Menschen eine Krankheit auslöst, die diagnostisch schwer zu fassen und dessen Häufigkeit deshalb unbekannt ist. Dass es sich ausgerechnet um ein Retrovirus handelt, sorgte für zusätzliche Brisanz. Auch Reinhard Kurth, der frühere Leiter des Robert Koch Instituts in Berlin zeigte sich alarmiert.

In mehreren Laboren, auch in Berlin, wurde der Versuch unternommen, die Ergebnisse zu reproduzieren, doch ohne Erfolg. Mindestens vier Forschergruppen kamen zu einem negativen Ergebnis und die virologische Gemeinschaft ging langsam davon aus, dass der der Befund der angesehenen US-Forscherin wohl doch ein wissenschaftliches Phantom war.
Bis die Gruppe um den FDA-Virologen Shyh-Ching Lo erneut fündig wurde. Ihre Ergebnisse, die PNAS mehrere Monate zurückhielt, um die Verwirrung nicht unnötig zu erhöhen, zeigen, dass 87 Prozent der CFS-Patienten Genspuren eines Retrovirus im Blut haben gegenüber nur 7 Prozent der gesunden Kontrolle.
Allerdings handelt es sich nicht um ein XMRV, sondern um ein anderes (aber verwandtes) murines Leukämie Virus (MLV). Die Blutproben stammten aus den 1990er-Jahren. Nach Informationen von Science haben die Forscher die Patienten inzwischen nachuntersucht. Sie sollen immer noch infiziert sein.

Zweifel sind jedoch berechtigt. Der Virologe Robin Weiss vom Imperial College London, der selbst einmal Retroviren als Auslöser der rheumatoiden Arthritis entdeckt zu haben glaubte, spricht von “Gerüchteviren” (human rumor viruses).
In einer Übersicht in Microbiology and Molecular Biology Reviews (2008; 72: 157-196) zählte er etliche Exemplare auf, die in der Vergangenheit als Ursache von Krebs, neurologischen Erkrankungen und gerne auch von Autoimmunerkrankungen präsentiert wurden, die dann aber der Überprüfung nicht standhalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch die jetzt von der FDA präsentierten Krankheitserreger dazu gehören, ist gegeben. © rme/aerzteblatt.de

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