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Dienstag, 29. März 2011

Wenn Müdigkeit krank macht

 

Jeder kennt es: Ein Gähnen – und das Gefühl einer bleiernen Schwere, das man nur schwer überwinden kann. So weit nichts Ungewöhnliches. Was aber, wenn dieses Gefühl nicht aufhört, wenn es den Tag bestimmt? Dann kann es sich um das sogenannte Chronische Erschöpfungssyndrom (Chronic fatigue syndrome – CFS) handeln.

 

 

CFS besteht aus einem Symptomenkomplex. Charakteristisches Merkmal ist eine lang anhaltende lähmende geistige und körperliche Erschöpfung, für die sich keine physische Ursache finden lässt. Zusätzlich können Symptome wie Kopf-, Hals-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, nicht erholsamer Schlaf, empfindliche Lymphknoten sowie eine verringerte Belastbarkeit auftreten. Die chronische Müdigkeit ist so stark, dass sie den Betroffenen in seinem Alltag stark behindert, ihn sogar ans Bett fesseln kann.

Problematisch ist, dass das Chronische Erschöpfungssyndrom eine "unsichtbare Krankheit" ist, die die Mediziner weder mit Labortests noch mit anderen objektiven Markern nachweisen können. "Wichtig ist, zunächst eine depressive Erkrankung, die in ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten kann, auszuschließen. Deshalb sollte schon früh ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hinzugezogen und geprüft werden, ob bestimmte Behandlungsformen wie Sport- und Bewegungstherapie, Psychotherapie oder die Gabe von Antidepressiva sinnvoll sind", sagt Prof. Dr. Andreas Broocks, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der HELIOS Kliniken Schwerin.

Bislang gibt es keine verlässlichen Zahlen wie viele Menschen in Deutschland an CFS leiden. Die amerikanische Gesundheitsbehörde "Centers of Disease Control and Prevention" (CDC) in Atlanta (USA) schätzte die Zahl der betroffenen US-Amerikaner 2006 auf vier Millionen. Das entsprach bei knapp 300 Millionen Einwohnern etwa 1,3 Prozent aller US-Amerikaner. Eine von der britischen Regierung in Auftrag gegebene Studie ergab, dass 0,4 Prozent der englischen Bevölkerung am Chronischen Erschöpfungssyndrom leiden. Bekannt ist, dass Menschen im Alter zwischen 30 und 45 Jahren am häufigsten an CFS erkranken. Überwiegend sind Frauen betroffen. Bei Kindern und Jugendlichen kann CFS aber ebenfalls auftreten.

Über die Ursachen ist bislang wenig bekannt. Experten vermuten ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: genetische Veranlagung, Veränderungen im Gehirn, ein geschädigtes Immunsystem und eine psychische Disposition. Eine Virusinfektion als Auslöser der Erkrankung wird auch diskutiert.

Die Ursache kann daher zurzeit noch nicht behandelt werden. Die Therapie richtet sich vielmehr auf die individuell am stärksten ausgeprägten Symptome. Dies kann bedeuten, eine Virusinfektion oder Mangelzustände zu behandeln, die Ernährung umzustellen, eine immunologische Therapie, Physio- oder Schmerztherapie durchzuführen. "Betroffene entwickeln im Verlauf der Erkrankung häufig eine Depression oder Angststörung. In diesem Fall ist eine psychotherapeutische Behandlung zwingend erforderlich", sagt Prof. Broocks.

Obwohl in der jüngsten Vergangenheit zahlreiche Studien zu CFS durchgeführt wurden, gelingt es noch nicht, die einzelnen Ergebnisse zu einer Erklärung von Entstehung, Diagnose und Therapie zusammenzufügen. In der Psychoneuroimmunologie, einem speziellen Forschungsgebiet in der Medizin, gibt es jedoch vielversprechende Ansätze.

Das Chronische Erschöpfungssyndrom ist eine Erkrankung, die erst in den letzten Jahrzehnten in der Öffentlichkeit bewusst wahrgenommen wird. In der Literatur werden ähnliche Krankheitsfälle bereits im 19. Jahrhundert beschrieben. So vermutet man beispielsweise, dass die berühmte englische Krankenschwester Florence Nightingale, die fünfzig Jahre ihres Lebens ans Bett gefesselt war, an einer ähnlichen Erkrankung litt. Daher wird seit 1995 in vielen Ländern jedes Jahr am 12. Mai, dem Geburtstag von Florence Nightingale, der "International CFS Awareness Day" (Internationaler CFS-Tag) begangen.

Definition des Chronischen Erschöpfungssyndroms nach Fukuda und Mitarbeitern

  • Erschöpfungszustand, der länger als sechs Monate andauert, sich durch Ruhe nicht bessert und die Lebensqualität erheblich einschränkt
  • Symptome
    - Konzentrationsschwierigkeiten und vermindertes Kurzzeitgedächtnis
    - Halsschmerzen
    - Muskelschmerzen
    - empfindliche Lymphknoten an Achseln und Hals
    - Gelenkschmerzen
    - Kopfschmerzen (eines neuen Typs, Musters oder Schweregrades)
    - Zustandsverschlechterung nach Anstrengung
    - Schlafstörungen
  • Krankheiten, die diese Symptome ebenfalls hervorrufen können, müssen sicher ausgeschlossen sein.

    Quelle: Helios Kliniken

Mittwoch, 16. Februar 2011

Strasse ins Licht am Ende des Tunnels


Von Michael Gurtner / Berner Zeitung


Und tschüss: Einst mit seinem Debüt zum Dancemusic-Messias hochgejubelt, verabschiedet sich Mike Skinner jetzt von seinem Projekt The Streets. «Computers and Blues» ist ein Schwanengesang, der mal gewaltig berührt, mal gehörig nervt – und mit dem der Brite im Sommer ans Gurtenfestival kommt.

topelement

«The Streets ist die Zukunft der Dance Music.» (Musikmagazin «New Musical Express», 2002)

«Ich habe die Nase voll von The Streets.» (Mike Skinner, The Streets, 2008).

Sechs Jahre liegen zwischen diesen beiden Aussagen. Sechs Jahre, in denen Michael Geoffrey Skinner vom unbekannten, bleichgesichtigen Jüngling zum Dancemusic-Messias hochgejubelt wurde. In denen er zuerst von Kritikern Lorbeeren erntete – und dann deren Prügel einstecken musste, als er sein Markenzeichen, die realistischen Erzählungen über den Lebensstil britischer Jugendlicher, für sein drittes Album mit Betrachtungen über das Berühmtsein ersetzte. Sechs Jahre, in denen Mike Skinner vier Platten in den Top Ten der britischen Albumcharts platzierte. Und irgendwann war für den heute 32-Jährigen aus Birmingham klar: The Streets wird zur Sackgasse. Also beschloss er, noch ein letztes Streets-Album aufzunehmen. «Es heisst ‹Computers and Blues›, und es handelt vom Tanzen und Müll-Reden», kündigte Skinner an.

Am Puls seiner Generation

Natürlich ist das weniger als die halbe Wahrheit. Mike Skinner hatte zwar stets eine grosse Klappe, schliesslich wurde er mit seinem schnoddrigen Sprechgesang weltberühmt. Aber da war immer mehr als bloss warme Luft, wie sie allzu viele Rapper mit Vorliebe produzieren. Mike Skinner redet nicht Müll. Mike Skinner hat was zu sagen. Auf seinem stupenden Debüt «Original Pirate Material» schilderte er über UK-Garage-Beats die Befindlichkeiten seiner Generation zwischen «Too much Brandy» und gescheiterten Beziehungen («It’s too Late»). Das Cover des ersten Albums zierte ein anonymer Vorstadt-Häuserblock mit einzelnen beleuchteten Fenstern – ein Symbol für die Gleichförmigkeit des Alltags und den Wunsch, daraus auszubrechen. Auf dem neuen, letzten Album nimmt der Brite den Faden auf: Diesmal ist der Wohnblock zwar etwas schicker, aber nicht weniger anonym. Nur zwei Fenster sind rot beleuchtet, hinter dem einen steht eine einsame Person.

Pixel auf dem Ultraschallbild

Alles mehr oder weniger wie gehabt also? Mitnichten. Zwar spielen Beziehungen noch immer eine wichtige Rolle – etwa in der Facebook-Romanze «OMG». Aber es kommen persönliche Erfahrungen aus den letzten Jahren hinzu, die Mike Skinner nachhaltig geprägt haben. Am eindrücklichsten und eindringlichsten im Song «Blip on a Screen», einer Ode an sein ungeborenes Kind. Dieses zeigt sich erst als «100 Pixel auf einem Ultraschallbild» – und lässt den Vater doch bereits grübeln, was dereinst aus ihm werden wird. Da schleicht sich eine berührende Melancholie zu Hip-Hop-Beats und Sprechgesang – und der Zuhörer wird schwach. Stark! «Trying to Kill M.E.» erzählt von Skinners Kampf gegen das Chronische Erschöpfungssyndrom, das ihn 2009 heimsuchte: «For this chronic fatigue, there’s no tonic it seems» («Für diese chronische Erschöpfung scheint es kein Stärkungsmittel zu geben»), reimt der 32-Jährige. Es sind die intimsten und besten Momente von «Computers and Blues». Ganz anders der CD-Auftakt mit Computergefiepe, Bläsersamples und schleppenden Beats: «Outside Inside» bleibt skizzenhaft, ist repetitiv bis zur Langeweile.

Nervig und frenetisch

Schlimmer noch: «Roof of Your Car» zerrt mit Autotune-Stimmverfremdungen an den Nerven. Versöhnlich stimmen dafür die Discogrooves und gewitzten Verse von «Puzzled by People» («You can’t google the solutions to people’s feelings») und die Stromgitarrenriffs im frenetischen «Going Through Hell», wo Mike Skinner beteuert: «Am Ende des Tunnels ist immer Licht.» Das gilt auch für das Ende der Streets. Und nach der letzten Tour, die ihn im Juli ans Gurtenfestival führt, ist Skinner frei, neue Strassen zu beschreiten. Man darf gespannt sein.

The Streets: «Computers and Blues» (679/Warner).

Originaltext: Berner Zeitung

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